Missa Omnium Sanctorum
Jan Dismas Zelenka (1679―1745)
Missa Omnium Sanctorum ZWV 21
Kyrie
Gloria
Credo
Sanctus
Benedictus
Osanna
Agnus Dei
Dona nobis pacem
Collegium 1704 & Collegium Vocale 1704
Václav Luks | Dirigent
SOLISTEN
Helena Hozová | Sopran
Aneta Petrasová | Alt
Ondřej Holub | Tenor
Tomáš Šelc | Bass
Collegium 1704
Konzertmeister
Helena Zemanová
Violine I
Markéta Knittlová, Petra Ščevková, Jan Hádek
Violine II
Simona Tydlitátová, Eleonora Machová, Martina Kuncl Štillerová
Viola
Dagmar Valentová, Julia Kreichbaum, František Kuncl
Violoncello
Libor Mašek, Hana Fleková
Kontrabass
Luděk Braný
Orgel
Pablo Kornfeld
Oboe
Katharina Andres, Petra Ambrosi
Collegium Vocale 1704
Sopran
Helena Hozová, Tereza Zimková, Kamila Zbořilová, Lucía Caihuela, Pavla Radostová, Marta Fadljevičová
Alt
Aneta Petrasová, Kamila Mazalová, Daniela Čermáková
Tenor
Ondřej Holub, Filip Dámec, Čeněk Svoboda, Krzysztof Mroziński
Bass
Tomáš Šelc, Lukáš Zeman, Martin Vacula, Michał Dembiński
Jan Dismas Zelenka: Missa Omnium Sanctorum
Im Jahre 1740 begann Jan Dismas Zelenka an seinem letzten umfangreichen Projekt zu arbeiten, das er allerdings nie vollendete: an der Komposition der ersten von sechs sogenannten letzten Messen (Missae ultimae), zu denen auch die Missa Omnium Sanctorum (ZWV 21) gehörte. Als Zelenka in der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember 1745 starb, blieb von diesem Messe-Zyklus nur ein Torso. Es wird überliefert, Zelenka habe die letzten Jahre seines Lebens zurückgezogen als Einzelgänger und verschlossener Sonderling verbracht. Ein solches Porträt Zelenkas stützt sich auf eine im Jahre 1862 von Moritz Fürstenau publizierte Bemerkung, die behauptet, Zelenka führe offensichtlich ein einzelgängerisches und isoliertes Leben. Trotzdem wurde er von seinen Zeitgenossen bewundert, wie wir in dem Druck von Johann Gottlieb Kittls Lob-Gedicht auf die sächsische Hofkapelle aus dem Jahre 1740 lesen können, worin er große Bewunderung für Zelenka ausdrückt, wenn er sagt, Zelenka sei „ein hoch anerkannter und herausragender Virtuose und in seiner Kirchenmusik spüren wir himmlische Freude“. Darüber hinaus erfahren wir von Friedrich Rochlitz, der das von Johann Friedrich Doles hörte, dass mindestens zwei Bach-Schüler – Doles selbst und Gottfried August Homilius – nicht verleugnet haben, dass sie Zelenkas Kirchenmusik derjenigen des Dresdner Hauptkapellmeisters Hasse vorziehen. Im Lichte dieser Ansichten ist es unwahrscheinlich, dass Zelenka ein unglücklicher und unterschätzter Musiker war, wie es uns die popularisierende Geschichtsschreibung einreden will.
Zelenka wurde zweifelsohne von der Form der Messe beeinflusst, wie sie sich in Neapel während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelt hatte. In seiner Sammlung von Kirchenmusik befanden sich auch Werke neapolitanischer Komponisten wie Francesco Durante (1684-1755), Francesco Mancini (1672-1737), Domenico Sarro (1679-1744) und Alessandro Scarlatti (1660-1725). Darüber hinaus wurde zwischen den Jahren 1738 und 1740, als der sächsische Prinz Friedrich Christian während seiner Kavaliersreise in Italien weilte, die neapolitanische Kirchenmusik – einschließlich der vertonten Messen von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736) – zurück nach Dresden geschickt. Die Missa Omnium Sanctorum ist ein typisches Beispiel der sog. Nummernmesse, komponiert im stilo misto, das bedeutet, wie in diesem Falle, dass hier Tutti Chöre und brillant konzertant aufgefasste Vokal- und Instrumentalsätze nebeneinander stehen, ebenso wie energische, im stilo antico geschriebene Fugen, Doppelfugen, Fugen mit unabhängiger Instrumentalbegleitung und Solo-Arien mit typischen Zeichen des galanten Stils.
Die einleitenden Kyrie eleison I, Christe eleison und Kyrie eleison II in der Missa Omnium Sanctorum haben ein festes Formschema: Tutti-Chor-Solo-Arien („arioso“ für Tenor Solo) mit Instrumentalbegleitung (später parodiert Zelenka diesen Satz in seinen Litaniae Lauretanae „Consolatrix afflictorum“ aus dem Jahre 1744, ZWV 151) – Tutti Chorfuge. Das Gloria hat sechs Sätze. Gloria in excelsis Deo ist als ein strahlender konzertanter Chor geschrieben, während das Qui tollis peccata mundi Zelenka als eine Arie für Sopran-Solo auffasste. Es folgen zwei Satzpaare. Das Quoniam tu solus Sanctus I im Tutti-Chor und Orchester führt die Arie Quoniam II ein (im galanten Stil für Solo-Alt mit Begleitung der ersten und zweiten Geigen, Violen und Basso Continuo); Cum Sancto Spiritu I ist wiederum die Introduktion zu den Tutti zu der energischen Fuge Cum Sancto Spiritu II, die den Teil Gloria abschließt.
Es ist bekannt, dass wegen des langen dogmatischen Textes das Credo allgemein zu den am wenigsten inspirativen und imaginativen Teilen der Messe gehört. Zelenka allerdings vertont den Text als einen voll durchkomponierten Satz. Obwohl er den Umfang von nur 263 Takten hat (und vieles vom Text sich überdeckt), zerfällt das Credo aus der Missa Omnium Sanctorum in fünf klar ersichtliche Teile: Credo, Et incarnatus est, Crucifixus, Et resurrexita Et vitam venturi saeculi, Amen. Das einleitende, lebendige, klassische Ritornell, fest in der Tonart a-moll verankert, bildet drei Hauptteile: Einleitung – Fortsetzung und Entwicklung der einleitenden Gedanken – Schluss in der Haupttonart. Die Abschnitte dieses Ritornells verbinden Episoden, in denen die dogmatischen Wahrheiten des Credos proklamiert werden. Das musikalische Material des Ritornells tritt hervor auf dem Hintergrund des im Chor syllabisch deklamierten Textes. Es erscheint auch als instrumentales Zwischenspiel entweder selbstständig oder in Kombination mit musikalischer Begleitung. Und so trägt jeder dieser Abschnitte auch trotz der Vielfalt verschiedener und kontrastierender Elemente zur Ganzheit des Satzes bei. Nach dem Sanctus im Chor- und Orchester-Tutti folgt das bemerkenswerte Benedictus für Sopran und Alt, die pseudogregorianische Melodien im Unisono mit der Begleitung wirbelnder hoher Streicher. „Osanna in excelsis“ in strengem Fugentutti beschließt diesen Teil der Messe. Und zuletzt das Agnus Dei, komponiert als majestätischer konzertanter Chor, auf den eine Nummer für Solo-Bass folgt, und das mit der Rückkehr der Musik des Kyrie II auf den Text „Dona nobis pacem“ einen großen Bogen bildet, der Zelenkas sechste und letzte Messe beschließt.
Janice Stockigt
Übersetzung: Joachim Bruss
J. D. Zelenka: Missa Omnium Sanctorum
Kyrie
Coro
Kyrie eleison.
Tenor, solo
Christe eleison.
Coro
Kyrie eleison. Christe eleison.
Gloria
Coro & soli
Gloria in excelsis Deo
Et in terra pax hominibus
bonae voluntatis.
Laudamus te. Bendicimus te.
Adoramus te. Glorificamus te.
Gratiam agimus tibi
propter magnam gloriam tuam,
Domine Deus, Rex coelestis
Deus Pater omnipotens.
Domine Fili unigenite, Jesu Christe.
Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris.
Soprano solo
Qui tollis peccata mundi,
miserere nobis,
qui tollis peccata mundi,
suscipe deprecationem nostram;
Qui sedes ad dexteram Patris,
miserere nobis.
Coro
Quoniam tu solus Sanctus,
tu solus Dominus,
tu solus Altissimus, Jesu Christe.
Alto solo
Quoniam tu solus Sanctus,
tu solus Dominus,
tu solus Altissimus, Jesu Christe.
Coro
Cum Sancto Spiritu:
in gloria Dei Patris. Amen.
Credo
Coro & soli
Credo in unum Deum,
Patrem omnipotentem,
factorem caeli et terrae,
visibilium omnium et invisibilium.
Et in unum Dominum Iesum Christum,
Filium Dei unigenitumet
ex Patre natum ante saecula.
Deum de Deo, Lumen de Lumine,
Deum verum de Deo vero,
genitum non factum,
consubstantialem Patri,
per quem omnia facta sunt.
Qui propter nos homines
et propter nostram salutem
descendit de caelis.
Et incarnatus est de Spiritu Sancto
ex Maria Virgine, et homo factus est.
Crucifixus etiam pro nobis
sub Pontio Pilato,
passus et sepultus est.
Et resurrexit tertia die,
secundum Scripturas,
et ascendit in caelum,
sedet ad dexteram Patris.
Et iterum venturus est cum gloria,
iudicare vivos et mortuos,
cuius regni non erit finis.
Et in Spiritum Sanctum,
Dominum et vivificantem,
qui ex Patre filioque procedit.
Qui cum Patre et Filio simul
adoratur et conglorificatur
qui locutus est per prophetas.
Et unam, sanctam, catholicam
et apostolicam Ecclesiam.
Confiteor unum baptisma
in reminissionem peccatorum.
Et expecto resurrectionem mortuorum,
et vitam venturi saeculi. Amen.
Sanctus
Coro
Sanctus, Sanctus, Sanctus
Dominus Deus Sabaoth.
Pleni sunt caeli et terra
gloria tua.
Osanna in excelsis.
Benedictus
Soprano & alto solo
Benedictus qui venit
in nomine Domini.
Osanna
Coro
Osanna in excelsis.
Agnus Dei
Coro & basso solo
Agnus Dei,
qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Dona nobis pacem
Coro
Dona nobis pacem.
Kyrie
Coro
Herr, erbarme dich.
Tenor, solo
Christus, erbarme dich.
Coro
Herr, erbarme dich.
Gloria
Coro & soli
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede
auf Erden den Menschen seiner Gnade.
Wir loben dich, wir preisen dich,
wir beten dich an, wir rühmen dich.
Wir danken dir, denn groß
ist deine Herrlichkeit, Herr und Gott,
König des Himmels, Gott und Vater,
Herrscher über das All.
Herr, eingeborener Sohn,
Jesus Christus. Herr und Gott,
Lamm Gottes, Sohn des Vaters.
Soprano solo
Der du nimmst hinweg die Sünde der Welt,
erbarme dich unser;
der du nimmst hinweg die Sünde der Welt,
nimm an unser Gebet.
Du sitzest zur Rechten des Vaters,
erbarme dich unser.
Coro
Denn du allein bist der Heilige,
du allein der Herr,
du allein der Höchste, Jesus Christus.
Alto solo
Denn du allein bist der Heilige,
du allein der Herr,
du allein der Höchste, Jesus Christus.
Coro
Mit dem Heiligen Geist
zur Ehre Gottes des Vaters. Amen.
Credo
Coro & soli
Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaff en hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit.
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaff en,
eines Wesens mit dem Vater:
durch ihn ist alles geschaff en.
Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen.
Hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria:
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt
unter Pontius Pilatus;
hat gelitten und ist begraben worden.
Er ist am dritten Tage auferstandennach
der Schriftund aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet
und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten.
Und die eine, heilige,
katholische und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe
zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt. Amen.
Sanctus
Coro
Heilig, heilig, heilig Gott,
Herr aller Mächte und Gewalten.
Erfüllt sind Himmel und Erde
von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe.
Benedictus
Soprano & alto solo
Hochgelobt sei, der da kommt
im Namen des Herrn.
Osanna
Coro
Hosanna in der Höhe.
Agnus dei
Coro & basso solo
Lamm Gottes, du nimmst hinweg
die Sünde der Welt,
erbarme dich unser.
Dona nobis pacem
Coro
Gib uns Frieden.