Ein Programm namens Pianto napoletano (Neapolitanisches Wehklagen) stellte am 7. März im Rudolfinum vokal-instrumentale Werke der barocken neapolitanischen Meister Alessandro Scarlatti, Tommaso Traetta und Francesco Durante vor.

„Über die italienische und insbesondere die süditalienische Musik lässt sich generell sagen, dass sich in dieser auch bei tragischen Themen die Trauer auf etwas andere Weise äußert, als wir es aus Werken zum Beispiel aus dem 19. Jahrhundert kennen: Jene schwere, finstere Trauer kommt hier tatsächlich nur selten vor. Wie viele schöne, süße und rührende Melodien bietet etwa Pergolesis Stabat Mater! Das ist, denke ich, eine generelle Eigenschaft der italienischen Seele – auch eine traurige Botschaft ist von einer gewissen Hoffnung erfüllt. Schließlich bildet das Gebet ‚das ewige Licht leuchte ihnen‘ den Text des Ordinariums in der Einleitung von Durantes Requiem. Die Hoffnung auf dieses Licht vermochten insbesondere neapolitanische Komponisten sehr schön in ihre charakteristische musikalische Sprache umzusetzen,“ erläutert der Dirigent und künstlerische Leiter des Collegiums 1704, Václav Luks.

Als erster großer Komponist wird mit dem neapolitanischen Musikstil Alessandro Scarlatti (1660 – 1725) in Verbindung gebracht. Scarlattis Miserere c-Moll für fünf Stimmen, Streicher und Basso continuo ist ein feines Beispiel für die Verarbeitung des Textes von Psalmen in einem konzertanten Stil. Der Bußpsalm 51 wurde häufig vertont, er wurde nicht nur bei den sog. Trauermetten in der Karwoche gesungen, sondern auch bei einer Reihe anderer Anlässe, insbesondere in der Fastenzeit.

Zu den berühmtesten und einflussreichsten Kirchenwerken neapolitanischen Ursprungs gehört das Stabat Mater von Giovanni Battista Pergolesi. Auch Tommaso Traetta (1727 – 1779) nutzt bei seiner späteren Vertonung desselben Textes Solosopran und Alt. Zu diesen fügt er jedoch einen vierstimmigen Chor hinzu, dem er bedeutende Partien der gesamten Komposition anvertraut. Den umfangreichen Text eines berühmten Gedichts mittelalterlichen Ursprungs gliedert er in eigenständig bearbeitete geschlossene Nummern. Seine Meisterschaft besteht in der Reichhaltigkeit, mit der er die einzelnen Teile innerlich differenziert. Von Nicola Porpora und Francesco Durante, seinen neapolitanischen Lehrern, übernahm Traetta das Gespür für die natürliche Führung der Gesangsteile. Diese bewahren auch in einer anspruchsvollen Koloratur stets die gewünschte Singbarkeit.

Die zweite Hälfte des Abends mit der Bezeichnung Pianto napoletano bot Raum für eine andere Art expressiver Trauermusik, die Totenmesse. In der unendlichen Reihe der Autoren, die während des 18. Jahrhunderts zu diesem Genre beitrugen, nimmt auch Francesco Durante einen bedeutenden Platz ein. Im Dvořák-Saal des Rudolfinums erklang das Requiem a due cori, das umfangreichste. Und dies nicht nur wegen seiner Länge, sondern auch hinsichtlich des verlangten Aufführungskörpers. Dieser umfasst neben Streichern und Waldhörnern acht Gesangsstimmen in zwei Chören. Von der großen Popularität von Durantes Requiem zeugen an die vierzig erhalten gebliebene Abschriften dieser Komposition, die ihrerzeit nicht in gedruckter Form erschien.